Wann muss Fachpersonal zur Verfügung stehen?

Und was darf der Auftraggeber vom Auftragnehmer diesbezüglich verlangen?

Es kommt bei Vergabeverfahren immer wieder zu Spannungen zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern bei der Frage, wann die erforderlichen Mittel für die Leistungserbringung zur Verfügung stehen müssen.

Eine Frage der Eignung

Die Eignung eines Bieters, insbesondere der Umstand, dass er zu den ausgeschriebenen Leistungen in der Lage ist, muss im Zeitpunkt der Vergabeentscheidung geklärt sein und in diesem Zeitpunkt bejaht werden können[1]. Dies folgt aus dem vergaberechtlichen Grundsatz, dass der Auftraggeber keinen Auftrag an einen Bieter vergeben darf, der aufgrund gesicherter Erkenntnisse nicht in der Lage ist, die vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen.

Jedoch ist hier der Grundsatz zu beachten: Es ist nicht erforderlich, dass dem Bieter im Zeitpunkt der Wertung der Angebote oder der Zuschlagserteilung die zur Leistungserbringung erforderlichen Mittel bereits zur Verfügung stehen. Dies gilt auch für Personal, das erst auf der Grundlage des erteilten Auftrags für den Bieter erforderlich ist und arbeitsvertraglich gebunden werden muss[2].

Mit Abgabe des Angebotes muss das Personal also grundsätzlich noch nicht verfügbar sein. Dies folgt aus dem Gedanken, dass bereits wegen des bestehenden Wettbewerbs es keinem Bieter zumutbar ist, derartige Dispositionen auf die bloße Vermutung eines Zuschlags zu treffen.

Ausnahmen von der Regel

Jedoch wie immer im Recht, gibt es Ausnahmen von diesem Grundsatz.

Der oben genannte Grundsatz ist somit nicht zu beachten, wenn es sich bei der zu vergebenden Leistung um eine solche handelt, für die auf dem Arbeitsmarkt nur eine begrenzte Anzahl an geeigneten Mitarbeitern zur Verfügung steht und deshalb von einer jederzeitigen Verfügbarkeit nicht ohne Weiteres ausgegangen werden kann[3].

Es ist festzustellen, dass je spezieller die zu erbringende Leistung ist, es umso unwahrscheinlicher ist, dass auf dem Personalmarkt in diesem Bereich jederzeit genügend qualifiziertes Personal vorhanden ist.

In einem solchen Fall reicht dann allein das Vorhandensein potentieller Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt nicht aus. Erforderlich ist dann, dass hiervon eine ausreichende Anzahl potentieller Mitarbeiter auch bereit sind, die betreffenden Dienste für den Bieter zu erbringen. In einem solchen Fall muss der Bieter in seinem Angebot konkret darlegen, aus welchen Gründen ihm das zur Auftragserfüllung erforderliche Personal bei Vertragsbeginn tatsächlich zur Verfügung stehen wird [4].

In der Folge darf der Auftraggeber verlangen, wenn die Leistung spezielles Fachpersonal benötigt, dass der Auftragnehmer schlüssig darlegt, wie sichergestellt wird, dass das benötigte Personal zum Leistungsbeginn vorhanden ist.

Bedeutung für die Eignungsprüfung

Aber was bedeutet dies nun für die Eignungsprüfung des Auftraggebers.

Für die Eignung ist nur erforderlich, dass belastbare Umstände vorliegen, die mit Blick auf den zukünftigen Zeitpunkt der Leistungserbringung die Annahme rechtfertigen, der Bieter sei in der Lage, das zur Auftragserfüllung erforderliche Personal rechtzeitig einzustellen[5]. Es muss somit eine Prognoseentscheidung durch den öffentlichen Auftraggeber vorgenommen werden. In dieser Prognoseentscheidung muss der Auftraggeber feststellen, dass durch die Angaben des Auftraggebers erkennbar sichergestellt wird, dass das Personal für die ausgeschriebene Leistung im Zeitpunkt des Leistungsbeginns auch zur Verfügung steht.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Eignung über das gesamte Vergabeverfahren bestehen muss. Bei nachträglich bekanntwerdenden Tatsachen – wie der Wegfall von benötigtem Personal -, die nunmehr Zweifel an der Eignung eines Bieters begründen, ist die Wiederholung der Eignungsprüfung geboten[6]. Vertrauensschutz auf das bisherige Ergebnis einer bereits erfolgten Eignungsprüfung genießt ein Bieter bei veränderter Sachlage nicht [7].

Praxishinweis

Auftraggeber sollten bei Ausschreibungen, bei denen Leistungen beschafft werden sollen, die Fachpersonal zur Durchführung benötigen, beachten, dass das Vorhandensein des Personals – bei Zuschlagserteilung – durch den Bieter nachvollziehbar dargelegt wird. Die Darlegung des Bieters sollte aufgrund der in den Vergabeunterlagen vorgegebenen Anforderungen erstellt werden. Die arbeitsrechtliche Verpflichtung von zusätzlichem Personal vor der Zuschlagsentscheidung wird wohl nicht gefordert werden können. Auch muss der Auftraggeber beachten, dass die Eignungsprüfung bei nachträglich bekanntwerdenden Tatsachen erneut durchgeführt werden muss.

Auftragnehmer müssen bei der Ausarbeitung der Begründung, warum ausreichend personelle Ressourcen bei Auftragserteilung zur Verfügung stehen, gut begründen, um dem Auftraggeber eine positive Prognoseentscheidung zu ermöglichen. Dabei muss der Auftragnehmer darauf achten, dass er sich an die geforderten Angaben in den Vergabeunterlagen hält und möglichst keine „zusätzlichen“ Unterlagen einreicht, um einen Ausschluss wegen Abänderung der Vergabeunterlagen zu vermeiden. Sollten die aufgestellten Voraussetzungen (Eignungskriterien) nicht eindeutig sein, sollte in jedem Fall eine Bieterfrage gestellt werden.

von RA Maximilian Bühner

[1] OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.07.2006 – VII-Verg 25/06; Beschl. v. 19.9.2002 – Verg 41/02.

[2] VK Sachsen, Beschluss vom 01.08.2022 – 1/SVK/010-22; VK Sachsen, B. v. 21.08.2018 – 1/SVK/016-18, B. v. 15.03.2016 – 1/SVK/045-15; B. v. 06.09.2013 – 1/SVK/028-13; 2. VK Bund, B. v. 16.09.2008 – VK 2-97/08; OLG Düsseldorf, 19.12.2012 – Verg 52/12.

[3] VK Sachsen, Beschluss vom 01.08.2022 – 1/SVK/010-22.

[4] OLG Düsseldorf, B. v. 04.02.2013 – Verg 52/12, VK Sachsen, Beschl. v. 11.06.2019 – 1/SVK/012-19

[5] vgl. dazu EuGH, Urt. v. 27.10.2005 – C-234/03, Rn. 43; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.12.2002 – Verg 45/01; OLG München, Beschl. v. 17.01.2013 – Verg 30/12; KG Berlin, Beschl. v. 18.07.2002 – 2 Kart Verg 4/02.

[6] vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.1.2002 – Verg 45/01; Beschl. v. 4.12.2002 – Verg 45/01, BA 11 f.; Beschl. v. 19.9.2002 – Verg 41/02, BA 5

[7] OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.12.2002 – Verg 45/02, BA 11 f.

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