Das Vergaberecht endet mit dem Zuschlag. Dies bedeutet, dass bei der weiteren Abwicklung eines Vertrages, der in einem förmlichen Vergabeverfahren zustande gekommen ist, das Vergaberecht grundsätzlich keinen Einfluss mehr hat.[1]
Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der geschlossene Vertrag umgestaltet werden soll. Auch die Verlängerung eines auf bestimmte Zeit geschlossenen Vertrages sowie dessen wesentliche Modifizierung unterliegt dem Vergaberecht. Beide Maßnahmen stellen jeweils einen neuen vergaberechtlich relevanten Beschaffungsvorgang dar.[2]
Mit der Vergaberechtsreform 2016 ist die zuvor schon vertretene Auffassung nunmehr in § 132 gesetzlich geregelt und in § 22 EU VOB/A übernommen. Danach bedürfen wesentliche Änderungen bestehender Verträge der Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens. Die Änderung eines Auftrages ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens soll nur noch in engen Grenzen zulässig sein und zwar dann, wenn in
- den ursprünglichen Vergabeunterlagen klare, genaue und eindeutig formulierte Überprüfungsklauseln oder Optionen vorgesehen sind, die Angaben zu Art, Umfang und Voraussetzungen möglicher Auftragsänderungen enthalten, und sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrages nicht verändert (§ 132 Abs. 2) oder
- der Wechsel des Auftragnehmers
- aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht erfolgen kann und
- mit erheblichen Schwierigkeiten oder beträchtlichen Zusatzkosten für den öffentlichen Auftraggeber verbunden wäre (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 GWB) oder
- wenn die Änderung aufgrund von Umständen erforderlich ist, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht nicht vorhersehen konnte (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB) und
- der Preis nicht je Änderung um mehr als 50 % des Wertes des ursprünglichen Auftrages erhöht wird (eine absichtliche Stückelung ist allerdings nicht zulässig) oder
- wenn die Änderung(en) nicht mehr als 10 % des ursprünglichen Auftragswertes bei Lieferungen und Dienstleistungen bzw. 15 % bei Bauleistungen umfasst(en), § 132 Abs. 3 GWB.
[1] Zu den Ausnahmen können – neben der Regelung des § 135 GWB (vgl. hierzu Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, § 135) – etwaig bestehende zivilrechtliche Ansprüche wegen einer Verletzung vorvertraglicher Pflichten (wegen vergaberechtswidriger Ausschreibung) sowie Folgen für die Auslegung eines Vertrages gehören.
[2] Für das alte Recht (vor 2016) bereits VK Bund, Beschluss vom 12.11.2012 – VK 1-109/12; EuGH, Urteil vom 19.06.2008 – C-454/06; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.02.2001 – Verg 13/01, VergabeR 2001, 210; Kulartz/Duikers, VergabeR 2008, 728; Kron, NZBau 2008, 609 ff.