Die Leistungsbeschreibung – eindeutig, umfassend und keine Produktvorgabe
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Fehler und Unklarheiten in der Leistungsbeschreibung gehen zu Lasten des Auftraggebers
Behebung von Fehlern im Leistungsverzeichnis
Es gehört zum allseits bekannten kleinen Einmaleins des Vergaberechts: Die vom Auftragnehmer zu erbringende Leistung muss im Leistungsverzeichnis eindeutig, erschöpfend und diskriminierungsfrei beschrieben werden. Dies wurde zuletzt vom Landgericht Bonn im November 2020 so bestätigt: „Sowohl für die Kalkulation und Erstellung der Angebote wie für die spätere Vertragsausführung darf der Bieter daher unterstellen, dass die Leistung richtig beschrieben ist und alle erforderlichen Details vollständig angegeben sind, soweit sich aus den Ausschreibungsunterlagen nichts Abweichendes ergibt. Eine objektive Mehrdeutigkeit oder Unklarheit der Leistungsbeschreibung darf deshalb nicht zum Nachteil eines Bieters gereichen. Unklarheiten und Unvollständigkeiten gehen zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers“ (LG Bonn, Urteil vom 18.11.2020 – 1 O 125/20).
Die Leistungsbeschreibung: eindeutig und erschöpfend, aber produktneutral
Steht der Beschaffungsbedarf einmal fest, lässt das Vergaberecht eine Beschreibung der Leistung daher nur nach objektiven technischen Parametern zu: Der öffentliche Auftraggeber kommt dabei in ein Dilemma: Zwar ist Produktneutralität selbstverständlich. Dennoch bereitet eine Beschreibung eines Beschaffungsbedarfes in all den geforderten technischen Einzel-Vorgaben häufig Schwierigkeiten. Daher findet sich in Leistungsverzeichnissen des öfteren die Angabe von Leitfabrikaten. Dazu hat das Oberlandesgericht Düsseldorf jedoch bereits 2010 entschieden, dass die Vorgabe von Leitfabrikaten nur in Ausnahmefällen zulässig ist, und zwar nur dann, wenn „der Auftraggeber den Leistungsgegenstand nicht mit einem zumutbaren Aufwand beschreiben kann“. Die Forderung des Auftraggebers nach einem Fabrikat stehe „im unüberbrückbaren Gegensatz zur Zulassung eines gleichwertigen Produkts“ (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.2010-Verg 61/09). Geeignete Angaben für eine Leistungsbeschreibung sind daher beispielsweise Maße, Farbe, U-Werte und sonstige technische Eigenschaften. Ungeeignete sind Angaben wie „Drucktaster Fabrikat xy oder gleichwertig“, Holzschrauben „Fabrikat xy oder gleichwertig“, oder ähnliches.
Kein „oder gleichwertig“, kein „Produkt der Planung“
Ein Auftraggeber kann sich auch nicht vergaberechtskonform behelfen, wenn er statt der Formulierung „oder gleichwertig“ vorgibt: „Produkt der Planung“. Auch hier wird der Auftragnehmer gedrängt, das genannte Produkt zu verwenden, bei dem er sicher ist, dass es alle technischen Vorgaben erfüllt. Nun könnte man meinen, das Problem sei deshalb unerheblich, weil dem nicht als Leitfabrikat benannten Hersteller und Anbieter eines „nur gleichwertigen“ Produktes selbst kein Rechtsbehelf gegen die Ausschreibung zusteht. Dieser Schluss geht jedoch fehl, denn im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens prüft die Vergabekammer die Ausschreibung gemäß § 163 Abs. 1 GWB von Amts wegen. Sie kann im Nachprüfungsverfahren alle Vergabefehler aufgreifen und die Ausschreibung auch aus Gründen der fehlenden Produktneutralität aufheben. Der Auftraggeber muss sich also bei jeder einzelnen LV-Position darüber klar werden, welche technischen Spezifika von ihm vorgegeben werden sollen. An dieser Stelle könnte er es sich leicht machen, indem das LV nur die wichtigsten Daten enthält. Dann folgt die Arbeit aber bei der Prüfung der Angebote, allerspätestens im Rahmen der Bauüberwachung und der Materialprüfung auf der Baustelle. Um Prüfungsaufwand und Bauverzug zu vermeiden, ist daher eine möglichst detaillierte Beschreibung der Produkte bereits im LV durchaus sinnvoll. Und wenn die Beschreibung eines Produktes, der objektiven Eigenschaften, die beispielsweise einem Whiteboard, einer Dämmplatte oder einem Schalter innewohnen sollen, so aufwändig wäre, dass das Leistungsverzeichnis komplex bis hin zur Unleserlichkeit werden würde? Nur dann darf ein Fabrikat als Leitfabrikat oder als Produkt der Planung vorgegeben werden, mit dem Zusatz „oder gleichwertig“. Und, ganz wichtig: diese Überlegung, das Leitfabrikat zuzulassen, muss in der Vergabeakte dokumentiert und begründet werden.
Aufklärungspflicht des Bieters
Was aber, wenn im LV doch einmal etwas falsch, produktspezifisch oder unvollständig beschrieben ist? Wie das Landgericht Bonn entschieden hat, geht dies vollständig zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers. Jedoch lässt das LG Bonn den Auftraggeber nicht vollständig mit der Verantwortung allein: Wenn ein Bieter einen Verstoß gegen eine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung erkennt oder hätte erkennen können, dann muss er sich seinerseits um Aufklärung bemühen. Das wichtige daran ist: Unterlässt der Bieter eine solche gebotene Aufklärung im Vorfeld, kann er sich hinterher nicht zu seinem Vorteil darauf berufen.
Behebung von Fehlern im Leistungsverzeichnis
Ein Auftraggeber kann einen so erkannten Fehler im LV beheben. Wenn also Bieter Fehler oder Unklarheiten im LV mitteilen, lohnt es sich zu prüfen, ob der Einwand begründet ist, um ggfs. die Ausschreibungsunterlagen zu berichtigen. Was aber, wenn der Fehler erst nach der Submission auffällt, etwa weil Angebote widersprüchlich sind oder die Preise so gar nicht zur Kostenschätzung passen wollen? Selbst dann kann eine Ausschreibung in Rahmen einer Teilaufhebung geändert und in den Zustand vor Angebotsabgabe zurückversetzt werden. Dies ist zwar nicht ganz einfach und bedarf einer gründlichen Prüfung im Einzelfall, wurde aber bereits von der Rechtsprechung und erst kürzlich auch von einer Vergabekammer so entschieden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.01.2015 – Verg 29/14; VK Lüneburg, 15.12.2020 – VgK-46/2020). Es ist daher ratsam, Einwände von Bietern zu beachten und ernst zu nehmen. Eine Korrektur verzögert ggfs. das Vergabeverfahren. Ein Verzicht auf eine Korrektur kann jedoch dazu führen, dass das Vergabeverfahren vollständig neu aufzusetzen ist.