Enzyklopädie Baurecht

Gesamtschuld von Baubeteiligten

Wird ein Baumangel von mehreren Baubeteiligten verursacht haften, die Baubeteiligten gegenüber den Bauherren in der Regel als Gesamtschuldner. Bei Mängeln am Bauwerk kann der Bauherr/Auftraggeber die für deren Beseitigung erforderlichen Kosten von jedem  Gesamtschuldner ganz oder zu einem Teil fordern, wobei jeder Gesamtschuldner bis zur Bewirkung der ganzen Leistung insgesamt verpflichtet bleibt, § 421 BGB.

Im Rahmen des sog. Gesamtschuldnerausgleichs können sich Gesamtschuldner untereinander hinsichtlich des Teils, den sie aufgrund des dem Gläubiger bzw. Auftraggeber zustehenden Wahlrechts an diesen geleistet haben, an die anderen Gesamtschuldner wenden und einen Ausgleich entsprechend der jeweiligen Mitverursachungsquote verlangen, § 426 BGB. Wie die Verantwortlichkeit unter den Gesamtschuldnern prozentual bzw. summenmäßig verteilt, ist eine Frage des Einzelfall und muss unter den Gesamtschuldnern geklärt werden.

Voraussetzung ist jeweils eine Mitverursachung eines Gesamtschuldners. Bei Ausführungsfehlern eines Handwerkers, die einem bauüberwachenden Architekten nicht hätten auffallen müssen und können, dürfte ein Architekt nur bei Hinzutreten weiterer Umstände (mit-)verantwortlich sein. Dies wäre z.B. der Fall, wenn er von dem Ausführungsfehler Kenntnis erlangt hatte oder der Mangel an einem besonders schadensträchtigen Bauteil aufgetreten ist. Dazu gehört beispielsweise die Abdichtung des Gebäudes, die der Architekt sorgfältig überwachen muss.

Die gesamtschudnerische Haftung beruht auf eines BGH-Rechtsprechung aus den 1960er Jahren. Seinerzeit wurde dem Großen Senat des Bundesgerichtshofs die Frage vorgelegt, ob

„der Architekt, den der Bauherr gemäß dem § 635 BGB wegen Aufsichtspflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, gegen den Bauunternehmer einen Ausgleichsanspruch gemäß dem § 426 BGB geltend machen kann.“

Der Große Senat beantwortete diese Frage nach der gesamtschuldnerischen Haftung wie folgt:

„Wie dem auch sei, so ist doch hier das, was Architekt und Bauunternehmer schulden, auch dann nicht etwas gänzlich Verschiedenes, wenn der Architekt Geldersatz zu leisten und der Bauunternehmer nachzubessern hat. […] Die Verpflichtungen des Architekten und des Bauunternehmers stehen sich also bei der vorliegenden Sachlage nicht nur deshalb besonders nahe, weil sie durch eine enge Zweckgemeinschaft verbunden sind, die auf die plangerechte und mangelfreie Errichtung des Bauwerkes gerichtet ist, es wohnt ihnen vielmehr darüber hinaus eine besonders enge Verwandtschaft auch deshalb inne, weil ihre inhaltliche Verschiedenheit hart an der Grenze zur inhaltlichen Gleichheit (Identität) liegt.“ (BGH, NJW 1965, 1175 [BGH 01.02.1965 – GSZ 1/64)

Mit Einführung des § 650t BGB hat sich der Gesetzgeber der bis dahin durchgängigen höchstrichterlichen Rechtsprechung angeschlossen und dadurch einer weiteren Diskussion entzogen.